WM 2018

EM 2016

In aller Freundschaft

 

Ach wie schön, dass wieder eine große Veranstaltung ansteht. Eine Zusammenkunft  verschiedenster Nationen und Kulturen. Und ich spreche keineswegs vom Tag der offenen Tür im Jobcenter Perlach. Nein, die Fußballeuropameisterschaft in Frankreich ist das Sinnbild eines toleranten, weltoffenen und funktionierenden Europas. Bereits die ersten drei Tage waren eine Paradebeispiel für gelebte Völkerverständigung und eines vorurteilslosen Miteinanders:

 

Die Eröffnungsfeier:

 

Eine knackig einstudierte Choreographie  mit einem hippen David Guetta, der gekonnt die richtigen Knöpfe drückte und zu recht die Frage aufwarf, wer denn heute noch echte Instrumente brauche? Ein kleiner Schönheitsfehler war allenfalls die Tatsache, dass DJ St. Tropez eher aussah als würde er im Pariser Bahnhofsviertel BISS Magazine verkaufen. Vielleicht aber auch nur ein Zeichen für gesellschaftliche Gleichberechtigung?

 

Das Eröffnungsspiel:

 

Eine wahrlich beeindruckende Hymne diese Marseillaise. Stolz präsentiert Frankreich sein koloniales Erbe. Modern und multikulturell. Die Wahlergebnisse der Front National scheinen für einen Moment vergessen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als das Heimatlied des rumänischen Gegners erschallt. Harmonisch-romantische süd-osteuropäische Klänge lassen den Text nur vermuten, der gewiss vom idyllischen Karpatenleben, goldenem Zahnersatz und  knackenden Wohnungsschlössern handelt. Das Ergebnis etwas glücklich für die Grande Nation, aber in Anbetracht der etwas zugespitzen sozialen Lage war man schon dankbar, dass die Equipe keine LKW Reifen im Strafraum anzündete.    

  

Albanien Schweiz:

 

Das Fest der Feste. Unaufhörlich beschworen die deutschen Fernsehexperten den freundschaftlichen Geist dieses Spiels. Titelten gar „ Das Brüderduell“. Spätestens als 20000 albanische Fans bei der Schweizer Hymne ihre Leidenschaft für Trillerpfeifen entdeckten (bekannt war bisher nur ihr Faible für deutsche Luxusautos), kamen dezente Zweifel auf, ob denn die gegenseitige Zuneigung wirklich der romantisierenden Berichterstattung entsprach. Was blieb, waren glückliche Schweizer Fans, eine demoralisierte albanische Mannschaft (dank eines eiskalten Schweizer Sommers), demoralisierte schweizerisch-albanische Spieler, die von ihren Verwandten nie wieder zum Fastenbrechen nach Tirana eingeladen werden  und 20000 albanische Anhänger, die schlecht gelaunt in den Massagesitzen ihrer S-Klasse mit selbstgemalten Überführungskennzeichen in die Heimat schaukelten.

 

      

Bales Slowakei:

 

 

Gareth Bales macht alles klar. Obwohl er ein bisschen aussieht, wie der verwandelte Affenjunge aus Jumanji ( googeln!), lässt er das Land der Burgen und würdelosest betrunkenen Frauen in gürtelgleichen Röcken ( oder war das England ?) jubeln. Begleitet wurde das ganze stimmlich erstmalig von einer Frau. Gleichberechtigung um jeden Preis ist streitbar, aber das ZDF will Zeichen setzten. Wenn allerdings rauskommt, dass Frau Neumann keinen Migrationshintergrund hat, sollte er Rundfunkrat seinen Hut nehmen.

 

 

England- Russland

 

Ein ganz besonderer Leckerbissen; leider nicht auf dem Spielfeld. Dafür zeigten sich 250 russische Spezialeinheiten von ihrer besten Seite. Nach dem Motto „die Krim ist nicht genug“ entschieden sie sich den englischen Fanblock zu besetzten. Überraschend war dieser bereits mit oberkörperfreien, krebsrot-behäuteten  englischen Fans gefüllt, die ihrerseits wiederrum mit Bier gefüllt waren. Da sich die französischen Sicherheitskräfte ärgerlicherweise wie immer im Streik befanden,  kam es zu einer ähnlichen chemischen Reaktion, wie wenn Papa beim Grillen die „Sicherheits“-Paste in der Glut versenkt. Sogar der ehemalige Werksdirektor von Fukushima soll nach einem anerkennenden Pfiff von unkontrollierbaren Zuständen gesprochen haben.

Putin, der die Schuld in verkleideten ukrainisch-tschetschenischen Fangruppen sah, war Experten zufolge angetan.       

 

 Türkei- Kroatien

 

Bestärkt durch ihren charismatischen Anführer Fatih „Ledergürtel“ Terim, der das tolerante und weltoffene Gesicht der Türkei wie kaum ein anderer widerspiegelt, stand das bescheidene Ziel der Türken von Beginn an fest: der Europameistertitel. Terim von dem behauptet wird, er sei so religiös, er würde nur das Fleisch von kopftuchtragenden Kühen verzehren, gab sich vor der Partie hinsichtlich des Titelgewinns optimistisch: „ Wir haben die EU besiegt, das ist ja fast das gleiche.“ Auch der türkische Präsident Erdogan sah dem sicheren Schalengewinn entgegen, nachdem er sich persönlich des 30% Knoblauchgehaltes im Blut seiner Spieler versichert hatte, um sicher auszuschließen, dass sich kein „Schlammblüter“ ins Team eingeschlichen habe.

Vor dem Spiel gab es dennoch einige Ungereimtheiten, da der türkische Fußballverband die neuen Regeländerungen der UEFA nicht ohne weiteres hinnehmen wollte. Im Detail ging es um das Verbot von Tragen von Butterflymessern (in der Süper Lüg üblüch) in den Kniestutzen während des Spiels. Der Weltverband blieb hart und weitete zum Leidwesen Kroatiens die Regel auch auf Sprungmesser und Schlagringe aus.

Das Spiel endete gegen jede Erwartung (der Türken) 1:0 für Hrvatska. Für die osmanischen Turnierfavoriten wird es jetzt besonders schwer. Nicht nur müssen sie dank Terims Rohrstock mit schmerzenden Fußsohlen die nächsten Partien bestreiten auch soll Istanbul bereits Reise-Standgerichte nach Frankreich entsandt haben.

 

Polen- Nordirland

 

Schnöder Sieg für Deutschlands nächsten Gruppengegner. Ein totgesagter Lewandowski führte eine solide spielende Truppe ins Feld. Nordirland wirkte zerrissen. Glücklicherweise gibt es noch Südirland.

 

Deutschland-Ukraine

   

Nicht nur Jogi zeigte sich von seiner ehrlichsten Seite. Auch wenn Lukas „ warum ist der dabei?“ Podolski  Joachims Verhalten als normales, maskulines Eierkraulen relativierte, sahen etwa  40 Millionen Europäer wie der sonst so hygienebewusste Bundestrainer erst seinen Vorgarten umgrub, um dann am Kompost zu riechen. Das Spiel hingegen, war ein dürftiges, zumindest aus deutscher Sicht. Dennoch ereigneten sich ein paar kleinere Überraschungen. Bei der Hymne bleibt nur noch Özil, der den Text noch nicht auswendig kann. Mustafi, dessen Vorname wie das neueste VW- Modell klingt, brachte die Adler in Führung und Bastian Schweinsteiger lief mehr als in der ganzen letzten Saison bei Manchester und schob mit der rechten Krücke ein. Kurz gesagt, wäre das Ding ohne Manuel „Die Mittellinie ist das neue Tor“ Neuer verloren gegangen. Als größter spielerischer Lichtblick ist jedoch zu vermerken, dass Süper Mario Gomez noch keine Spielminute erleben durfte.

 

 Das nächste Gruppenspiel gegen die ehemals preußischen Ostgebiete wird ein heißer Tanz. Und trotz der Empfehlungen des DFB bei dieser Partie nur mit Zug und Bus anzureisen, wird es wieder ein Fest der Völker werden. Ein freudiges Miteinander, bei dem die Menschen Europas zusammenwachsen und Ressentiments und stereotyper Verurteilung kein Platz gelassen wird.

 

 

In aller Freundschaft grüßt vom (Spiel)-Felde,

 

Gerd Grabowski